Veranstalter_innen: a.a.a. e.V.
Samstag 20.10.2016
Beginn: 19:00 Uhr

Zwischen Willkommenskultur und NSU. Wie der NSU-Komplex entthematisiert wird.

Referent: Lee Hielscher

Menschen, die vor dem Terror des IS fliehen werden seit letztem Jahr in der BRD explizit und öffentlich willkommen. Damit kehrt die BRD von asylpolitischen Grundsätzen ab, auch um sich gegen rechte Mobilisierung abzugrenzen und ein weltoffenes Deutschland zu unterstrichen. Dass über 10 Jahre ein rechtsterroristisches Netzwerk 10 Menschen ermorden konnte und sich die Ermittlungen fast ausschließlich gegen die rassistisch Ermordeten richteten, scheint hier keine Rolle mehr zu spielen.

Weder die Perspektive der Opfer und Angehörigen findet öffentlichen Widerhall, noch werden die Morde des NSU in ihrem politischen Kontext gesehen. Die Bundesregierung bemühte sich zwar nach 2011 die Opfer des NSU als Teil der deutschen Gesellschaft darzustellen, schloss damit aber die Täter als sog. „Extremisten“ aus jener Gesellschaft aus, in die sie bestens integriert waren. Der Vortrag geht den verschiedenen Formen von Thematisierung, Nicht-Thematisierung und Entthematisierung des NSU Terrors nach, befragt dabei was gesehen und gehört wurde und was nicht. Ein Vergleich mit der repräsentativen Willkommenskultur dient als Vergleichsfolie um das Selbstbild der Post-NSU BRD zu hinterfragen.

Lee Hielscher ist Kulturanthropologe und Philosoph und forscht zu den Bedeutungsebenen des NSU Terrors im Kontext von Wahrnehmungsregimen und Migrationspolitiken. Zudem arbeitet er erinnerungspolitisch zur Geschichte rassistischer Übergriffe und Mobilisierungen.