Veranstalter_innen: Antifa Café Regensburg
Donnerstag 06.10.16
Beginn: 19 Uhr
Bereits ab 18:00 Uhr Cafébetrieb
Roman Thurn – Islamfeindschaft und Pseudokonservatismus
In den jüngsten Jahren mehrten sich die Versuche, das offensichtliche Ressentiment gegenüber dem Islam auf den Begriff zu bringen. In den Sozialwissenschaften setzte sich weitgehend die These durch, es handle sich bei ihm um einen Rassismus unter vielen: einen antimuslimischen Rassismus. Eine solche Theoretisierung übersieht jedoch die spezifische Differenz zwischen dem landläufigen Rassismus und der Feindschaft gegenüber dem Islam. Diese bedient sich nämlich einer politischen Terminologie und erklärt den Islam zum Feind im Sinne Carl Schmitts. Im Lauf des 20. Jahrhunderts fand eine semantische Verschiebung in der Einschätzung muslimischer Gesellschaften statt: von einer überalternden, vielweibernden muslimischen Kultur hin zu einem Islam, der den Wert von Familie, Kindern und Zusammenhalt schätze (Viktor Orbán).
Mehr noch: Der Islam stelle eine „politische Ideologie“ (Beatrix von Storch) dar, die „intellektuell immer mit der Übernahme des Staates verbunden“ (Alexander Gauland) sei. Rechtspopulisten und -radikale werden zugleich nicht müde, die Dekadenz, Arbeitsscheue oder Verweichlichung westlicher Gesellschaften anzuprangern. Die Sehnsucht des autoritären Charakters nach der souveränen, i.e. gewaltsamen Restituierung verbindlicher Normen und einfacher Verhältnisse tendiert daher zum symbolischen Vater- respektive Muttermord, sobald der Souverän nur ein Minimum an liberaler Restvernunft walten lässt („Merkel muss weg“). Im Vortrag soll der Versuch unternommen werden, die Islamfeindschaft neurechter Kräfte in Deutschland als eine Spielart des Pseudokonservatismus zu charakterisieren: „Der Pseudokonservative ist ein Mann, der im Namen der traditionellen […] Werte und Institutionen und zu ihrer Verteidigung […] bewußt oder unbewußt danach trachtet, sie abzuschaffen“ (Theodor W. Adorno). Das pseudokonservative Ressentiment gegenüber dem Islam zielt dabei nicht etwa auf dessen kulturelle Unterlegenheit, wie es bei rassistischen Abwertungen der Fall ist, sondern fürchtet und neidet im Gegenteil dessen (vermeintliche) Virilität, politische Stärke und familiäre Gemeinschaft.
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