Veranstalter_innen: Antifa Cafe Regensburg
Donnerstag 05.05.16
Beginn: 19:00 Uhr
Nils Schumacher – „Alles muss man selber machen“? Kontinuitäten und Brüche selbstorganisierten Antifa-Engagements
„Autonome Antifas’, so heißt es in einem schon älteren Text, genossen innerhalb der Linken anfänglich den Ruf eines Torwarts in einer Fußballmannschaft. Zwar sagt es keiner laut, aber alle glauben zu wissen: er hat eine Macke.
Die ‚Macke’ der Antifa in den 1980er Jahren bestand nicht nur darin, auf Grundlage eines vergleichsweise hohen Organisierungsgrades eine überschaubare Neo-Nazi-Szene fast schon professionell zu verfolgen, sondern vor allem auch darin, die eingeschränkte Perspektive zum strategischen und politischen Ausgangspunkt umfassender, im weitesten Sinne linksradikaler Forderungen und Zielsetzungen zu erklären. Angesichts der Wellen massiver rassistischer Gewalt Anfang der 1990er Jahre geriet dieses Bild allerdings ins Wanken, denn ‚Antifa’ wurde von einem Teilbereich zu einer, nicht zuletzt von Jugendlichen getragenen, breiten Bewegung. Sie blieb in Teilen zwar mit den Autonomen verbunden, war aber vor allem durch eine große Eigendynamik geprägt. Ab dem Ende der 1990er Jahre schlossen sich die Ausdifferenzierung in verschiedene Strömungen, Spaltungen und politische Abwendungen von Antifa-Praxis an.
Im Ergebnis dieser Entwicklungen steht der Name ‚Antifa’ seit einigen Jahren schon für sehr unterschiedliche politische Konzepte und praktische Schwerpunktsetzungen: für den Kampf gegen Nazis und „Rechtsextremismus“ in all seinen Spielarten, zum Teil für antirassistische Praxis, vielfach aber auch für ein thematisch allgemeiner ausgerichtetes linkes Engagement, für das ‚Antifa’ eher ein Label darstellt. Dieses Label verwenden ‚militante’ genauso wie ‚zivilgesellschaftlich’ orientierte Gruppen, ‚antideutsch’ geprägte genauso wie ‚internationalistische’ oder ganz pragmatisch ausgerichtete Initiativen. Ein gemeinsames organisatorisches oder kommunikatives Band besteht nicht.
Aktuelle Literatur aus der „Bewegung“ beschreibt manche dieser Phasen unter Gesichtspunkten von Stärke, Durchsetzungsfähigkeit, klaren politischen Konzepten und ‚Erfolg’. Die Darstellungen sind allerdings stark geschönt, so dass eine Reihe von Fragen offen bleiben müssen:
Welche Strömungen und Gruppen ‚der Antifa’ repräsentieren diese Darstellungen eigentlich und welche tauchen gar nicht auf? Wo liegen die widersprüchlichen Momente dieser Selbstbeschreibungen und der an sie anschließenden Praxisformen? Welche Antworten bieten die unterschiedlichen Ansätze angesichts einer sich aktuell abzeichnenden Welle rassistischer Gewalt, rechtspopulistischer Wahlerfolge und neonazistischer Konsolidierung?
Aus Sicht der Protestforschung widmet sich der – illustrierte – Vortrag diesen drei Fragekomplexen.
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